Sigrid Weigel über Ingeborg Bachmann

Ein Abend über Ingeborg Bachmann – Literatur, Leidenschaft und ein besonderes Datum

22.02.22 – ein Datum, das man sich kaum besser wünschen könnte. Genau an diesem Tag fand im Theater Neumarkt in Zürich ein weiterer Abend der Hottinger Literaturgespräche statt. Dieses Mal stand eine Frau im Mittelpunkt, die wie kaum eine andere das Werk Ingeborg Bachmanns kennt: Sigrid Weigel, renommierte Germanistin und frühere Zürcher Universitätsprofessorin.
Und ja – ich durfte wieder mit der Kamera dabei sein.

Hottinger Literaturgespräche im Theater Neumarkt mit Sigrid Weigel und Charles Linsmayer

Ein Gespräch über eine der bedeutendsten Autorinnen des 20. Jahrhunderts

Der fünfte Abend der Reihe «Highlights» führte akademische und angewandte Germanistik auf elegante Weise zusammen. Im Gespräch mit Moderator Charles Linsmayer zeigte Sigrid Weigel schnell, wie tief sie Bachmanns Werk versteht. Statt die tragischen biografischen Umstände der 47-jährig verstorbenen österreichischen Autorin in den Vordergrund zu stellen, rückte Weigel das in den Fokus, was Bachmann bis heute lesenswert macht: ihre Texte, ihre Denkprozesse und ihre einzigartige literarische Stimme.

Dabei wurde deutlich, wie vielfältig die Beziehungen waren, die Bachmanns Schreiben geprägt haben – ihre Liebe zu Paul Celan, ihr von Musik erfüllter Austausch mit Hans Werner Henze oder die schmerzhafte, schockhafte Trennung von Max Frisch. Doch statt Klatsch und biografischer Dramatik ging es um die Spuren, die diese Erlebnisse in ihrem Werk hinterlassen haben.

Gesamtansicht der Veranstaltung über Ingeborg Bachmann im Theater Neumarkt Zürich

Von «Corona» bis «Böhmen liegt am Meer» – Literatur, die tief geht

Besonders eindrücklich war die Betrachtung des Gedichts «Dunkles zu sagen», das als Antwort auf Celans berühmtes «Corona» gilt. Ingeborg Bachmann selbst war in historischen Tonaufnahmen zu hören – eine Begegnung, die auch im Saal spürbar Gänsehaut auslöste.

Sigrid Weigel erläuterte zudem ihre sogenannte „topographische Poetologie“ und zeigte anhand von Texten wie «Was ich in Rom sah und hörte» oder dem Klassiker «Böhmen liegt am Meer», wie Bachmann geografische Räume mit inneren Erfahrungen verknüpft. Gerade dieses Gedicht, das mit kraftvollen Zeilen wie „ich will nichts mehr für mich. Ich will zugrunde gehen“ berührt, wurde zum Höhepunkt des Abends. Und wie Bachmann selbst sagte:
«Wenn ich könnte, würde ich meinen Namen wegnehmen und darunter schreiben: Dichter unbekannt.»

Weitere Beiträge zum Thema Literatur in meinem Blog. Als Event-Fotograf traf ich immer wieder auf Schweizer Autoren. 
Für das Buch von Charles Linsmayer „Schreib oder stirb“ habe ich mehrere Schweizer Autoren fotografiert.

Bücherverkauf Sigrid Weigel

«Erklär mir, Liebe» – ein Finale voller Intensität

Zum Abschluss wurde Bachmanns berühmtes Gedicht «Erklär mir, Liebe» gleich zweimal gehört: Zuerst im Gespräch interpretiert, dann in der zurückhaltenden Originaltonaufnahme – schlicht, frei von Pathos und gerade deshalb so wirkungsvoll. Das Publikum bedankte sich mit langem Applaus, und im Saal herrschte diese besondere Stille, die nur entsteht, wenn Literatur wirklich trifft.

Und ein kleines, feines Detail am Rande: Nach dem Abend erhielt ich eine Nachricht von Sigrid Weigel persönlich.
Sie schrieb:

„Sehr geehrter Herr Utzinger.
Sie haben von dem Hottinger Literaturgespräch über Ingeborg Bachmann 2022 sehr schöne Photos gemacht.“

Solche Rückmeldungen machen meinen Job jedes Mal aufs Neue besonders.

Hier der Facebook-Beitrag von Charles Linsmayer zum Literaturgespräch mit Sigrid Weigel.

Moderator Charles Linsmayer während der Hottinger Literaturgespräche im Gespräch mit Sigrid Weigel

Warum mich diese Abende immer wieder faszinieren

Obwohl ich unglaublich gerne Autoren, Künstlerinnen und kulturelle Ereignisse fotografiere, bleibt eines klar:
Mein Hauptgenre ist und bleibt die Hochzeitsfotografie.
Doch genau diese literarischen Abende, voller Gesprächskultur, Geschichte und Emotion, sind ein schöner Kontrast – und eine wunderbare kreative Bereicherung.