Hottinger Literaturgespräche – Urs Faes

Zuletzt ist von Urs Faes der Roman «Paarbildung» erschienen. Ein Buch über die Wiederbegegnung zweier Menschen, die sich vor Jahren geliebt haben, in der Krebsstation einer Klinik. Er ist der Psychotherapeut, sie die Patientin, und es ist etwas vom Berührendsten in der jüngeren Schweizer Literatur, wie diese beiden Menschen sich in dieser sterilen Atmosphäre zuerst nicht wiedererkennen wollen, um dann doch ganz langsam wieder zueinander zu finden. Im Zeichen des Todes, aber auch aus einer geheimen Hoffnung heraus, dass die Liebe stärker sein könnte als der Tod. Urs Faes hat in diesem Roman die Sprache der Medizin in die Literatur hinein genommen, und zwar auf ebenso überzeugende Weise, wie er in «Augenblicke im Paradies» die Zuckerbäckerei, in «Ombra» die Kunst und in «Als hätte die Stille Türen» die Musik sprachlich fruchtbar gemacht hat. In allen seinen Büchern aber ist das Wirken und Funktionieren der Erinnerung das Faszinierendste: eine Erinnerung, die sich nicht um Chronologie und Linearität kümmert und in der das Poetische als solches buchstäblich zum Ereignis wird. «Eine seiner in den ,Sechs Vorschlägen für das nächste Jahrtausend‘ beschriebenen
Qualitäten würde Italo Calvino bei Faes besonders rühmen können: die Leichtigkeit. Leichtigkeit ist die Verwandlung der Schwere des Wirklichen ins luftige Gespinst des Textes. In ,Ombra‘ trifft dies nicht allein auf Form und Stil zu, sondern auch auf das federleichte Verschwinden des Autors hinter seinen Figuren und Erzählmasken.»
Burkhardt Lindner in der Frankfurter Rundschau vom 24.1.1998 zu «Ombra»

Text: Charles Linsmayer

 

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