Martin Walser – Literaturgespräche in Zürich | Fotoreportage

Martin Walser | Magie der Worte – Literatur hautnah erleben
Literaturvorlesungen und -gespräche sind weit mehr als eine Aneinanderreihung gelesener Seiten. Sie schaffen Begegnungen – mit Sprache, mit den Autor*innen, mit Geschichten und manchmal auch mit uns selbst. So auch an diesem besonderen Abend im Theater Neumarkt, als Charles Linsmayer mit Martin Walser sprach – über das Leben, die Literatur und alles dazwischen.

Martin Walser in Zürich
Literaturabend mit Tiefgang und Temperament
Am 28. Oktober war das Theater Neumarkt bis auf den letzten Platz gefüllt. Charles Linsmayer sprach mit dem renommierten Schriftsteller Martin Walser – ein Abend, der sowohl bewegend als auch überraschend lebendig war. Walser, der im kommenden Jahr seinen 90. Geburtstag feiern wird, präsentierte sich vital, streitlustig und voller Temperament.
Anlässlich dieses besonderen Jubiläums erscheinen eine Gesamtausgabe seines Werks in 24 Bänden sowie der neue Roman „Statt etwas oder Der letzte Rank“ – ein bewusst schweizerischer Titel, wie Walser selbst erklärte.
Lesung mit grosser Wirkung
Besonders bei der Lesung aus „Ein springender Brunnen“ – der Geschichte, wie er vor 70 Jahren seiner späteren Ehefrau begegnete – sowie aus „Ein sterbender Mann“, in dem die Hauptfigur durch eine Jodelprüfung in Appenzell Schweizer Bürger werden will (siehe Video im Abspann), zeigte Walser seine ganze erzählerische Kraft.
Obwohl er einige Fragen des Gesprächspartners bewusst unbeantwortet liess, vermittelte er eindrücklich, wie er mit Sprache und Erinnerung umgeht. Das Thema Liebe umschiffte er eher schamhaft, sprach aber offen und tiefgründig über das Alter und seinen persönlichen Umgang damit.
Von Asche, Glut und grossen Namen
Besonders berührend war seine Interpretation des Tagebuch-Satzes: „Ich bin die Asche einer Glut, die ich nie war.“ Auch seine Erinnerungen an Ingeborg Bachmann und Max Frisch verliehen dem Abend emotionale Tiefe. Dass der Moderator zwischendurch ein wenig Kontra erhielt, lockerte die Stimmung zusätzlich auf – der Abend war nicht nur gehaltvoll, sondern auch stellenweise heiter.
Wie gewohnt nahmen auch viele bekannte Persönlichkeiten aus der Literaturszene teil – darunter Asta Scheib und Urs Faes, beide frühere Gäste der Hottinger Literaturgespräche. Margrit Läubli, mit der die Reihe 2010 begann, sass traditionell in der ersten Reihe. Als besonders prominente Besucherin war Alt-Bundesrätin Elisabeth Kopp anwesend – sie gilt als treue Unterstützerin der Veranstaltungsreihe.
Einige grosse Autoren waren symbolisch durch ihre Nachfahren vertreten: Hermann Hesse durch seinen Enkel Silver Hesse, Elias Canetti durch seine Tochter Johanna. Zudem reiste Professor Malcolm Pender aus Glasgow an – ein Germanist, der sich ausserhalb der Schweiz grosse Verdienste um die hiesige Literatur erworben hat.
Fotoreportage zum Abend
Wie bei jeder Veranstaltung war auch diesmal Manfred Utzinger mit seiner Kamera vor Ort. Die stimmungsvolle Fotoreportage zum Abend finden Sie unter folgendem Link. Dort können Sie einzelne Bilder in hoher Auflösung ansehen, online bestellen oder als Ausdruck erhalten:
https://utzi-foto.smugmug.com/Linsmayer/20161028-Walser-Martin/n-kVWW58/
Text: Charles Linsmayer
Fotos: utzi-foto, Eventfotograf Zürich