Otto Frei: Das Zweipersonenstück im Effinger-Theater Bern

Das Theaterstück Otto Frei – Das war aufmüpfig, aufgeführt im Effinger-Theater in Bern, bringt vergessene Schweizer Literatur eindrucksvoll zurück auf die Bühne. Basierend auf Freis „Steckborner Pentalogie“ wurde das Stück von Charles Linsmayer konzipiert und von Markus Keller inszeniert. Als Fotograf durfte ich diese besondere Aufführung dokumentieren – ein Highlight für alle, die sich für Schweizer Literatur, Theaterfotografie und kulturelles Engagement interessieren.

Einblicke aus der Appenzeller Zeitung

Die Appenzeller Zeitung schrieb zur Aufführung:
Als Zweipersonenstück präsentiert Charles Linsmayer den 30. Band seiner Reihe „Reprinted by Huber“ – Otto Freis Steckborner Pentalogie: Bis sich Nacht in die Augen senkt.

Warum nicht in Steckborn?

Frage: Herr Linsmayer, warum fand die Premiere in Bern statt und nicht in Freis Geburtsort Steckborn?
Antwort: Weil sein Regisseur, Markus Keller, der Leiter des Berner Theaters an der Effingerstrasse ist.

Ein neues Publikum fürs Theater?

Frage: Sie haben bereits andere Werke szenisch aufgearbeitet. Reagiert das Publikum anders?
Antwort: Bei Otto Frei handelt es sich erstmals um ein wirklich gespieltes Theaterstück. Frühere Projekte waren Mischformen aus Bildern, Texten und Filmausschnitten – aber genau dieser Mix wird sehr geschätzt.

Verlagspolitik und literarischer Widerstand

Das Ende von „Reprinted by Huber“?

Der Frauenfelder Verlag Huber wurde 2009 von Orell Füssli übernommen. Doch nun stellt der Verlag die erfolgreiche Reihe ein.
Linsmayer: „Aus rein wirtschaftlichen Gründen. Der Verlag will künftig nur noch Bücher veröffentlichen, die sich mindestens 60’000-mal verkaufen.“

Ein Projekt mit Weitblick

Trotzdem ist die Idee einer kommentierten Neuausgabe nicht tot. Die Stadt Basel etwa hat bereits die Subvention für eine Neuausgabe von Cécile Ines Loos’ Roman Matka Boska bewilligt.

Otto Frei, ein Theaterstück, Daniel Ludwig, Oliver Daume, Otto Frei

Literatur für alle – nicht nur für Akademiker

Frage: Was steckt hinter dieser immensen Produktion von 114 neu aufgelegten Schweizer Büchern?
Linsmayer: „Ich betreibe bewusst keine akademische Literaturwissenschaft. Mein Ziel ist die breite kulturelle Öffentlichkeit. Literatur sollte als Teil unserer nationalen Identität sichtbar werden – jenseits politischer oder sprachlicher Grenzen.“

Otto Frei: Vom Journalisten zum Autor

Frei war seit 1951 Auslandkorrespondent der NZZ. Ab 1973 begann er literarisch zu schreiben.
Zitat Frei: „Journalismus geht nicht ins Mark. Aber dann kam die Neugier, es mit dem Tod aufzunehmen, gegen das Gesetz der Zeit anzurennen.“

Warum Otto Frei wieder gelesen werden sollte

Obwohl die Kritik Freis Werke oft als „unzeitgemäss“ oder „ländlich-provinziell“ abtat, sieht Linsmayer das anders:
„Gerade weil er in einer Zeit des linken Engagements schrieb, galten seine Texte als konservativ. Dabei sind sie ebenso aufmüpfig – nur eben aus einer anderen Perspektive.“

Stärken, Schwächen und Sprache

Frei passte nicht ins damalige literarische Establishment der Schweiz, in dem Autoren wie Frisch, Muschg oder Jaeggi dominierten.
Linsmayer: „Seine Stärke war die Sprache – pointiert, vom Thurgauer Dialekt geprägt. Er hatte die Gabe, banalen Geschichten mythische Tiefe zu verleihen.“
Als Dramatiker hingegen blieb er unter seinen Möglichkeiten.

Steckborn als literarischer Sehnsuchtsort

Im vierten Band des Zyklus lässt Frei seinen Bruder sogar auf die ewige Seligkeit verzichten – zu stark ist die Bindung an See und Seerücken.
Linsmayer: „Er blickte mit dichterischer Nostalgie auf die Landschaft – und gleichzeitig montierte er das Leiden der Zukurzgekommenen mit hinein. Keine Verklärung ohne Widerspruch.“


Buchhinweis:
Otto Frei: Bis sich Nacht in die Augen senkt.
Die Steckborner Pentalogie, Huber 2013, 520 Seiten, CHF 42.–

Originalartikel:
Appenzeller Zeitung

Fotogalerie zur Inszenierung:
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Szenen aus fünf Erzählungen: Oliver Daume und Daniel Ludwig.
(Bild: Manfred Utzinger)

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