Sep.
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Thomas Hürlimann – Hottinger Literaturgespräche

Der Transfer von Hottingen ins Theater Neumarkt war ein voller Erfolg. Der Saal war bis auf den letzten Platz besetzt, und kaum je hat das Publikum Thomas Hürlimann
so frei und spannend über sein Werk und sein Leben erzählen hören wie an diesem Abend. Manfred Utzinger hat die Veranstaltung erneut fotografisch dokumentiert.
Thomas Hürlimann zählt zu den wichtigsten literarischen Stimmen der Schweiz – ein Autor mit Tiefgang, Humor und einer unverkennbaren Sprachkraft. Beim Hottinger Literaturgespräch gab er Einblick in seine Biografie, seine Themen und seine Arbeitsweise.
Der Sohn des ehemaligen Bundesrats Hans Hürlimann wuchs in katholisch-konservativem Umfeld auf und besuchte das Klosterinternat Einsiedeln – eine Erfahrung, die sein späteres Werk nachhaltig prägte. Viele seiner Romane, wie Das Gartenhaus oder Fräulein Stark, setzen sich mit Herkunft, Macht, Religion und persönlicher Rebellion auseinander.
Hürlimann versteht es meisterhaft, grosse Themen mit erzählerischer Leichtigkeit zu verbinden. Seine Figuren sind oft Suchende, Fragende, Grenzgänger – und das mit feinem Witz und subtiler Ironie.
Nicht nur als Romancier, sondern auch als Dramatiker hat er sich einen Namen gemacht. Seine Theaterstücke wie Der Gesandte oder Das Einsiedler Welttheater wurden vielfach aufgeführt und zeugen von seinem Gespür für Dialog und Inszenierung.
Beim Gespräch in Hottingen wirkte er offen, klug und gleichzeitig angenehm unprätentiös. Besonders eindrücklich war sein Nachdenken über das Schreiben als existenziellen Prozess – und über das Spannungsfeld zwischen Glaube, Zweifel und Sprache.
Sein jüngerer Roman Der Rote Diamant (2022) setzt diesen Weg fort: autobiografisch gefärbt, scharfsinnig erzählt, zwischen innerer Welt und äusserem Wandel.
Thomas Hürlimann bleibt ein Autor, der sich weder vereinnahmen noch festlegen lässt – ein literarischer Beobachter, der mit Schärfe und Sensibilität auf unsere Gegenwart blickt.